4. Mai 2020

Tageslosung

Die er aus den Ländern zusammengebracht hat von Osten und Westen, von Norden und Süden: Die sollen dem HERRN danken für seine Güte und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut.

Psalm 107,3.8

Der Knecht im Gleichnis sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast; es ist aber noch Raum da. Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, dass mein Haus voll werde.

Lukas 14,22-23

… dass mein Haus voll werde.
Das wird wohl noch dauern. Gestern in der ja immerhin geöffneten Kirche war zu hören, dass es bei uns wohl am 17. Mai wieder mit Gottesdiensten losgehen würde. Allein die Informationen über das Sicherheitskonzept, die wir dann zu hören bekamen, hatten etwa Predigtlänge. (Wie war das nochmal? Eine gute Predigt darf über alles gehen, nur nicht über 10 Minuten? So lange war es aber nicht.) Aber es hörte sich ein bisschen so an, als müssten vor Beginn des Gottesdienstes alle erstmal eingenordet werden, wobei ich Küsterin und Presbyterium als Ordnungskräfte schon jetzt bedaure. Und die Gottesdienste würden wohl in verkürzter Form gefeiert werden. Falls nämlich mehr Leute kämen als reindürften, könne man gleich noch einen zweiten Gottesdienst anbieten. Wenn ich da an die Besuchszahlen vor der Krise denke, würde ich mir in dieser Richtung allerdings nicht allzu sehr den Kopf zerbrechen.

… auf dass mein Haus voll werde.
Eine Lösung weiß ich da jetzt aber auch nicht, weder zur Frage, wie Gottesdienste endlich wieder und ohne Einschränkung gefeiert werden können, vor allem auch mit Musik und Gesang, noch zu der angesprochenen oder erwarteten Menge der Menschen, die in die Kirche kommen und so das Haus Gottes füllen – sollen? – müssten? – würden?

In solcher Zeit freue ich mich um so mehr über die vielen Kreuze und Bildstöcke in unserer Umgebung. Einige davon habe ich gestern beim Maispaziergang fotografiert, einschließlich eines Gottesdienstplatze im Freien, inklusive Kanzel. Ob jemand weiß, wo das ist?

Noch eine Bemerkung zum Thema Mai oder Maiwanderung. Heute Morgen bekam ich die Nachfrage: Was habt Ihr denn da gestern auf der Straße gespielt? Das erste habe ich gekannt. Das war „Ein kleiner Matrose umsegelte die Welt.“ Das andere war mir unbekannt.
Das zweite war ein Spiritual: „Somebody´s knocking at your door.“ Das erste Lied war mir besser bekannt unter dem Titel „Der Mai ist gekommen“. Aber es stimmt, es ist die gleiche Melodie. Da wäre ich nun nicht drauf gekommen, schon lange nicht am 3. Mai.
Solche Doppelungen aber gibt es öfter. Versuchen Sie mal, „Bolle reiste jüngst zu Pfingsten“ auf die Melodie zu singen von „Am Brunnen vor dem Tore“. Oder umgekehrt. Das geht. Probieren Sie es aus.

3. Mai 2020

Tageslosung

Abner rief Joab zu: Soll denn das Schwert ohne Ende fressen? Weißt du nicht, dass daraus am Ende nur Jammer kommen wird?

2. Samuel 2,26

Zum Frieden hat euch Gott berufen.

1. Korinther 7,15

Jubilate heißt der heutige Sonntag: Jubelt! Freut Euch, und lasst es alle hören und spüren! Ich bin noch auf der Suche nach dem Grund zum Jubeln.
Dass zur Zeit Frieden und soziale Gerechtigkeit, Klima und Umwelt kaum noch ein Thema sind, kann es nicht sein.
Dass eine Freundin gerade anfragt, ob heute Gottesdienst ist, und ich muss es verneinen, auch nicht. Zumal die Katholiken ja wieder anfangen.
Der Zustand der Politik im Großen wie im Kleinen, wo mittlerweile alle ihr eigenes Süppchen kochen bis hin zu einzelnen Bundesländern mal wieder, macht mich auch nicht fröhlicher.

Ich suche nach Ersatz. Das Wetter? „Ist der Mai kühl und nass, füllt´s dem Bauern Scheune und Fass.“ Ein kleiner Trost ist das schon, wenn man auf einem Landstück Gemüse anbaut, das zugegebenermaßen allerdings nur etwas größer ist als ein Handtuch. Aber es sprießt, leider auch das Unkraut. Ich werde dem morgen zu Leibe rücken.
Und das ist es heute für mich: Sich nicht hängen lassen, sich nicht selbst bemitleiden. Morgen das Unkraut, gleich packe ich meine Posaune und fahre zur Kirche. Und werde spielen: Tut mir auf die schöne Pforte. Und lese vorher noch mal das Gedicht von Inge Müller.

Über-Springer

Schon wieder Montag!
Überspringen müsste man diesen Tag.
Oder gleich die ganze Woche.
Mit einem Satz bis zum Wochenende.
Denn Freitagabend beginnt das Leben.

Schon wieder Winter!
Überspringen müsste man diese Jahreszeit.
Oder gleich von Oktober bis Mai.
Mit einem Satz in den Wonnemonat.
Denn mit dem Frühling beginnt das Leben.

Schon wieder Alltag!
Überspringen müsste man ihn.
Mit einem Satz bis zum
Geburtstag
Hochzeitstag
letzten Arbeitstag.
Denn mit der Pensionierung beginnt das Leben.

Manchmal denke ich,
mein letzter Tag wird ein Montag sein,
ein ganz alltäglicher, armseliger Montag,
mitten im Winter.
Aber er wird mir sehr kostbar erscheinen.
Keine Minute werde ich überspringen wollen
und wünschen,
ich könnte mir all die anderen
kleinen, unscheinbaren Montage
noch einmal genau ansehen
unter der Zeit-Lupe

Und vielleicht hat der Alte Kornspeicher ja bald auch mal wieder geöffnet, so wie viele andere Kneipen und Restaurants auch auf die Wiedereröffnung warten.

2. Mai 2020

Tageslosung

Verwirf mich nicht von deinem Angesicht, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir.

Psalm 51,13

Wir danken Gott, dem Vater unseres Herrn Jesus Christus. Er hat uns errettet aus der Macht der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines geliebten Sohnes.

Kolosser 1,3.13

„Es gibt viele Arten zu töten. Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen, einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen, einen in eine schlechte Wohnung stecken, einen durch Arbeit zu Tode schinden, einen zum Suizid treiben, einen in den Krieg führen usw. Nur weniges davon ist in unserem Staat verboten.“ (Bert Brecht)
Man könnte in diesen Tagen diese Liste noch um einiges erweitern: nicht mehr mit ihm reden, seine Kontakte einschränken, ihn isolieren, ihn als Risikogruppe ausgrenzen, ihn in seiner Not allein lassen, auch in seiner letzten Not, wie die protestantische Tradition das ausdrückt.

Wie schon oft gesagt, ich möchte die ganzen derzeit geforderten Entscheidungen nicht treffen müssen. Aber je länger diese Zeit dauert, desto stärker melden sich solche Gedanken bei mir, und das schon länger nicht mehr nur im letzten Hinterstübchen. Und alle, die mir dazu einfallen, tragen das zwar immer noch mit einer Mischung aus Gleichmut und Humor oder auch Galgenhumor. Aber ich spüre schon, wie sie auch leiden, angefangen damit, kaum noch jemanden zum Reden zu haben, bis dahin, niemanden in den Arm nehmen zu dürfen. Da bekommt für mich die Tageslosung so einen ganz anderen und auch leicht bitteren Unterton. Und ich hätte es schön gefunden, wenn beim zweiten Bibelvers statt 1,3.13 zwar die gleichen Zahlen zu lesen wären, dies aber in anderer Schreibweise: 13,13. Dazu dann aber auch noch: 1. Korinther. Wer es nicht weiß, kann ja nachschlagen. Ich kenne da so ein Buch …

Noch ein anderer Vers ist in diesem Buch auf den ersten Blättern zu lesen: „So lange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ Ich würde gern ergänzen: Corona aber schon. Das kam mir in den Sinn bei dem Himmel, der gestern Abend bei uns zu sehen war.

Und als mir eine Freundin heute Morgen noch ein anderes Bild schickte, da hatte ich noch einen zweiten Grund, mich auf etwas zu freuen.

1. Mai 2020

Ist denn die Hand des HERRN zu kurz?

4. Mose 11,23

Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: Sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen. Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden?

Matthäus 6,28-29.31

„Ein kluger Mann prägt ein kluges Wort, und die blöde Masse plappert es nach.“
„Ach, und wer ist der kluge Mann, von dem Sie das haben?“

Von mir ist das natürlich auch nachgeplappert, und ich weiß auch nicht mehr, von wem ich das mal gehört habe. Aber es fiel mir wieder ein, als ich heute Morgen beim Gang mit dem Hund am Bildstock mit Josef und Jesus stehenblieb.
Fällt Ihnen da was auf?

Es war der kleine Stein mit dem Regenbogen drauf, über den ich „gestolpert“ bin. Wohin man guckt im Augenblick, welche Lokalzeitung man aufschlägt, bunt bemalte Steine irgendwo aufgereiht. Das Ganze wohl als irgendein Zeichen in der Krise? Oder als Beschäftigungstherapie? Oder doch nur Ablenkung von Fragen, die man nicht stellen soll?
Der Brauch, Steine aufzuschichten, stammt meines Wissens aus der Wüste, in Israel im Negev habe ich das kennengelernt. Da waren es einerseits Wegzeichen, in der Wüste mehr als sinnvoll, andererseits aber auch Steine, die an Menschen erinnern sollten: „So lange man eines Menschen gedenkt, ist er nicht aus dieser Welt verschwunden.“
Aber egal, wo man heute in Europa hinkommt, im Wald, am Strand, am Fluss, am Feld, man sieht aufgeschichtete Steine. Fast schon inflationär finde ich das. Und jedes Mal fällt mir dann der oben zitierte Dialog ein.

Vielleicht muss man wirklich einen Artenschutz für Bräuche einführen. Beispiele weiß ich genug.
Früher kannte man den Maibaum in unserer Gegend nicht. Jedes Dorf, das was auf sich hält, hat heute einen.
An jeder zweiten Brücke hängen Schlösser, so genannte Liebesschlösser. Dieser Brauch kommt wohl aus Italien. Aber ich glaube nicht, dass so ein Schloss die Liebe wirklich zusammenhält. Ganz abgesehen von der Schwierigkeit, so ein Ding wieder abzukriegen.
Und dann gibt es noch den Mistelzweig zu Weihnachten, „Süsses oder Saures“ samt Gruselparties zu Halloween, den „Black Friday“ im November, den Valentinstag vor allem für die Blumenhändler, und jetzt kann man auch noch die Gurke kaufen, die an jedem Weihnachtsbaum hängen soll. Wobei beim Wuchs mancher Tannen das je schon fast eine Gurke an der Gurke ist.
Ihnen fallen sicher noch mehr Beispiele ein.

Ein kluger Mann …. , siehe oben. Mein Vater pflegte so etwas noch viel drastischer auszudrücken. „Du, da hat einer ein Stück Sch… am Stock, das will ich auch haben.“ Aber vielleicht führt das zu weit, genau wie der Spruch aus den 70ern: Leute, fresst Abfall. Millionen Fliegen können nicht irren.“

Es muss etwas mit der Sorge und dem ängstlichen Kleinmut der Menschen zu tun haben, irgendwie zu kurz zu kommen, irgendwas zu verpassen, irgendwo hintendran zu bleiben. Meine Antwort darauf ist die Tageslosung. Und dazu ein paar Bilder vom 1 Mai von heute Morgen, die das unterstreichen.
Dabei blutet mir ein bisschen das Herz, denn in normalen Zeiten wären wir heute gut 15 Leute gewesen, die nach einer ausgedehnten Wanderung sich beim Angrillen in unserem Garten getroffen hätten. Bei Maibock natürlich, den ich das erste Mal seit etwa 40 Jahren in diesem Jahr nicht gekauft habe. Aber da gibt es Schlimmeres. Die Leute fehlen mir.


30. April 2020

Gott ist dennoch Israels Trost für alle, die reinen Herzens sind.

Psalm 73,1

Ihr Lieben, wenn uns unser Herz nicht verdammt, so reden wir freimütig zu Gott, und was wir bitten, empfangen wir von ihm; denn wir halten seine Gebote und tun, was vor ihm wohlgefällig ist.

1. Johannes 3,21-22

Mit dem angesprochenen Trost war das ja so eine Sache in den letzten Wochen, zumindest, was die Gottesdienste betraf. Ohne Verbot hatten sich Kirchen und andere Religionsgemeinschaften trotzdem bereit erklärt, auf Gottesdienste zu verzichten. Sie werden ihre Gründe dafür gehabt haben, sicher auch gute.
Es wurde dafür in vielen Fällen ein Ersatzangebot über das Internet angeboten, Fernsehgottesdienste gab es sowieso schon immer. Ich fand das richtig, gut und interessant. Aber wenn ich jetzt den fünften oder achten oder zehnten Gottesdienst aus dieser Reihe auf dem Bildschirm habe, in dem das Nichtstattfinden-Können von Gottesdiensten zum zwanzigsten Mal thematisiert wird, dann ist – und sei es noch so gut gemacht – da für mich inzwischen die Luft raus.

Heute erfahren wir, dass die Einschränkungen noch (mindestens?) bis zum 10 Mai weiter bestehen sollen. Zugleich hat das Bundesgericht in Karlsruhe entschieden, dass ein Verbot von Gottesdiensten unzulässig sei. Ebenfalls heute ist in unserer Zeitung zu lesen, dass die Gemeinden hier am Ort erste Pläne und Vorschläge für die Wiederaufnahme von Gottesdiensten haben. Leider übrigens nur die katholische Seite.
In diesem Zusammenhang würde ich mir sehr wünschen, dass diese unselige Einschränkung bei Bestattungen gekippt wird. Kontaktsperren auf dem Friedhof wegen Ansteckungsgefahr, da schreibe ich mal besser nichts, das wäre nicht druckreif.

Also: „Tut mir auf die schöne Pforte, führt in Gottes Haus mich ein. Ach, was wird an diesem Orte meine Seele fröhlich sein“ (Ev. Gesangbuch Nr. 166) Ich bin gespannt, was den Schwestern und Brüdern da einfällt oder vielleicht sogar schon eingefallen ist.
Nicht jeder hat ja auch die gleichen Erwartungen an einen Gottesdienst. Ein gemeinsamer Nenner könnte aber sein: Neben Gebet, Lob Gottes und Stille möchte ich auch das eine oder andere bekannte Lied singen, ich möchte schon einen oder auch ein paar mehr gute Gedanken hören und mit nach Hause nehmen, und ich möchte vertraute Gesichter sehen und die Menschen treffen, und sei es auch nur auf 1,50 m Abstand. Vielleicht ist sogar das letzte im Augenblick mit das Wichtigste, was Menschen erwarten: andere Menschen, vertraute Gesichter, Anteil nehmen an ihrem Leben, sich der Nähe und der Freundschaft versichern können.
Ich werde mich da nicht einmischen, das steht mir auch nicht mehr zu. Aber auf ein paar gute Ideen der Gemeinde und der Pastorinnen und Pastoren hoffe ich schon. Sogar auf ein paar mutige Ideen.

Ohne Bilder kommt mir der Blog mittlerweile „nackt“ vor, also noch ein paar Fotos im Anschluss an die Bilder und Gedanken von gestern.