26. Mai 2020

Tageslosung

Der HERR schaut vom Himmel auf die Menschenkinder, dass er sehe, ob jemand klug sei und nach Gott frage.

Psalm 14,2

Stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.

Römer 12,2

Auch die Kirche wird nicht ohne Schrammen oder sogar Schäden aus der Corona-Krise herauskommen. Die Diskussion hierüber läuft gerade an. So hat es ein Interview mit der früheren Pfarrerin Christine Lieberknecht gegeben, die ja auch einige Jahre Ministerpräsidentin in Thüringen war. Sie hat darin den Kirchen Versagen in der Corona-Krise vorgeworfen. Die Kirche habe in dieser Zeit hunderttausende Menschen alleingelassen, so eben auch Kranke, Einsame, Alte, Sterbende. Die Kirche melde sich zwar bei gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen immer zu Wort, aber in der Corona-Krise wäre dazu nur Schweigen gewesen.
Und Der Patriot bringt in seiner heutigen Ausgabe ein Interview mit dem Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen, der unter der Überschrift „Die Kirche hat eine Chance verpasst“ zur kommenden Finanzsituation der Kirche Stellung nimmt. Im gleichen Interview kritisiert er aber auch, als evangelischer Christ, wie er sagt, dass Kirche und Seelsorger ihre Präsenz bei den Menschen schon lange vernachlässigt hätten. Und „wo wäre das wichtiger als in einer solchen Krise?“
Die Antworten von kirchlicher Seite klingen da etwas müde in meinen Ohren. Es werden vor allem die Einschränkungen auch des kirchlichen Lebens verteidigt, die zur Eindämmung der Krankheit beitragen sollten.

Schade, auch wenn ich es bereits gestern geschrieben habe, dass der „Ansteckungsgottesdienst“ in einer Frankfurter Baptistengemeinde in dieser Diskussion so was von kontraproduktiv ist.
Aber Hoffnung und Zuversicht und Vertrauen auf einen Gott, der größer ist als alle Wechselfälle dieses Lebens, das ist noch etwas anderes und mehr, als das was man in den letzten Wochen zumeist aus kirchlichem Munde gehört und erfahren hat. Wobei ich die Fernsehgottesdienste davon ausnehmen möchte. Die leisten gerade jetzt tolle Arbeit.

Die Größe und Herrlichkeit Gottes, für mich in der heutigen Tageslosung angesprochen, sie weisen hin auf die Weite und auch den Blick über den Tellerrand hinaus, die wir wohl brauchen. Um zu wissen, dass es mit dem Zustand und den Tatsachen dieser Welt noch lange nicht abgetan ist. Und dass Gott zwar nicht alle unsere Wünsche erfüllt, aber alle seine Verheißungen, so Dietrich Bonhoeffer. Die Worte aus dem Taufbefehl gelten nach wie vor: „Siehe ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Und Corona ist nicht das Ende der Welt.

Die Größe und die Herrlichkeit Gottes, manchmal reicht schon ein Blick in die Natur, um dem auf die Spur zu kommen.


25. Mai 2020

Tageslosung

HERR, frühe wollest du meine Stimme hören, frühe will ich mich zu dir wenden und aufmerken.

Psalm 5,4

Betet allezeit mit allem Bitten und Flehen im Geist und wacht dazu mit aller Beharrlichkeit und Flehen für alle Heiligen.

Epheser 6,18

Manche Tageslosungen so wie heute sprechen für sich, da muss man nichts hinzufügen. Mehr wäre vielleicht sogar weniger, auch wenn dieser weise Rat noch nicht bei allen in der Kirche angekommen ist.

Nur der Frage, wer denn die Heiligen sind, die da angesprochen sind, könnte man allenfalls nachgehen.
Damals, so scheint es, waren es die Christinnen und Christen in der vordersten Reihe, für die man sich besonders im Gebet einsetzen sollte.
Im Laufe der Kirchengeschichte sind es dann Menschen mit besonderen Leistungen, Verdiensten oder auch Martyrien geworden. Und diese Heiligen bekamen noch einen besonderen – himmlischen? – Rang zugesprochen, da man sie um Hilfe anrufen konnte, oder weil man sie als Fürsprecher vor Gott ansah. Dazu kamen dann auch noch Reliquien, die letztlich in Geschäftemacherei ausarteten. Die Reformation hat da eine ihrer Wurzeln, die Heiligen wurden „abgeräumt“. In der katholischen Kirche ist es bei dieser Art von Heiligenverehrung geblieben, wenn ich es richtig sehe.

Für heute hätte ich zwei Deutungen oder Beschreibungen für die Heiligen im Angebot. Zum einen die Menschen mit besonderem Einsatz und Charisma so wie in der Urkirche, zum anderen all die, die zu Gott gehören und unter anderem durch die Taufe geheiligt sind. Also wir alle, die Gemeinschaft der Heiligen, so wie wir es im Glaubensbekenntnis sagen.

Und damit das kein so ganz dröger theologischer Exkurs bleibt, überschrieben mit „Nie gefragt und trotzdem immer wieder gesendet“, doch noch ein paar Beobachtungen und Bilder von gestern.

Am Freitag hatten sich da auf den Bänken im Kurpark vor der Bühne ein paar Frauen niedergelassen. An der Crepe-Bude auf der Promenade hatten sie sich mit Kaffee versorgt und Crepe, und sie saßen dann in gebührendem und mehr als dem erforderlichen Abstand auf diesen Bänken und genossen es, sich mal wieder zu sehen und sich endlich mal wieder mit anderen unterhalten zu können.
Gestern war dies Areal mit rot-weißem Band abgesperrt. Ich gebe das mal kommentarlos weiter.
Auch wenn mich die Meinung der „Säulenheiligen im Kurpark dazu schon interessiert hätte.

Dem großen Fisch im Teich vor der Kurhalle war das aber alles egal. Es hat ihn nicht mal gestört, dass er mit Hundefutter gespeist wurde. Im Gegenteil.

24. Mai 2020

Tageslosung

Bei dir ist die Vergebung, dass man dich fürchte.

Psalm 130,4

Wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!

Kolosser 3,13

Viel Verständnis habe ich nicht, wenn sich bei einer größeren und privaten Feier in einem Restaurant 11 Menschen infiziert haben und insgesamt 70 in Quarantäne müssen. Es werden Regelverstöße vermutet. Und auch die große Zahl der Infizierten nach einem Gottesdienst in einer Frankfurter Baptistengemeinde erzeugt ja doch auch eine ganze Reihe von Fragen. Zumal das für die Kirchen mit den gerade wieder möglich gewordenen Gottesdiensten ein Rückschlag sein könnte.

Da ist man doch leicht geneigt, sich zurückzulehnen und den Stab zu brechen. Oder vielleicht sogar zu schimpfen: „Das haben sie jetzt davon. Selbst schuld.“
Und dann diese Tageslosung. Es ist nicht immer so leicht mit dem, was wir im Vaterunser oft genug einfach so mitsprechen. Aber wenn es auch da vorkommt, dann ist die Vergebung ganz bestimmt elementarer Bestandteil unseres Christseins. Und von uns wird sie erwartet, und sie soll mehr sein als die glühenden Kohlen, die man über dem Haupt seines Feindes ausstreut, um ihn oder sie zu beschämen.
Aber, wie hat der alte Pastor von Erwitte immer gesagt: „Es hat uns keiner versprochen, dass dieses Leben einfach ist.“

Meine Suche nach Bildern oder Beispielen hierfür war nur mäßig erfolgreich. Da ist einmal ein Auszug aus einem Liedtext von Reinhard Mey. Damit habe ich früher im Schulgottesdienst gut Vergebung verdeutlichen können. Wer es ganz lesen und/oder hören möchte, einfach Zeugnistag Mey auf YouTube eingeben. (Auch wenn da die Schule nicht so ganz fair behandelt wird. Glücklicherweise wissen seit Corona wieder alle, was sie wert ist und was Lehrerinnen und Lehrer leisten.)
Und dann noch ein Bild zum Umgang miteinander.

Ich hab‘ noch manches langes Jahr auf Schulbänken verlor’n
Und lernte widerspruchslos vor mich hin
Namen, Tabellen, Theorien von hinten und von vorn –
Dass ich dabei nicht ganz verblödet bin!
Nur eine Lektion hat sich in den Jahr’n herausgesiebt
Die eine nur, aus dem Haufen Ballast:
Wie gut es tut, zu wissen, dass dir jemand Zuflucht gibt
Ganz gleich, was du auch ausgefressen hast –
Ganz gleich, was du auch ausgefressen hast!


23. Mai 2020

Tageslosung

Mose sprach: Siehe, ich lege euch heute vor den Segen und den Fluch: den Segen, wenn ihr gehorcht den Geboten des HERRN, eures Gottes, die ich euch heute gebiete; den Fluch aber, wenn ihr nicht gehorchen werdet den Geboten des HERRN, eures Gottes.

5. Mose 11,26-28

Dient dem Herrn Christus! Denn wer unrecht tut, der wird empfangen, was er unrecht getan hat; und es gilt kein Ansehen der Person.

Kolosser 3,24-25

Nach langen Jahren unterwegs in der Wüste ist Israel endlich im gelobten Land angekommen. Mose nimmt das zum Anlass, noch einmal an das zu erinnern, was Gott auf diesem Weg alles für sein Volk getan hat. Und er verlangt von ihnen zum Abschluss eine Entscheidung. Es ist fast so eine Art Vertrag zwischen Gott und den Israeliten: Wenn ihr Gottes Geboten gehorcht, dann wird er Euch segnen, wenn nicht, dann werdet Ihr verflucht.
Entsprechend dazu der zweite Vers: Unrecht wird bestraft werden.

So müsste es sein, denke ich beim ersten Lesen. Das „Müsste“ weist schon auf meine Zweifel hin. Denn heute klingt das für meine Ohren naiv, es klingt nach heiler Welt wie im Märchen, wo alles seinen gerechten Schluss findet. Es klingt blauäugig.
Natürlich wünschen wir uns das so im Leben. Wer Gutes tut, dem soll es im Leben gelingen, es soll ihm gut gehen. Und wer Böses tut, für den soll es übel ausgehen. Aber unsere tagtägliche Erfahrung zeigt uns oft genug etwas anderes:
Die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln.

An dieser Stelle entschuldige ich mich natürlich für meinen Hang zur Vereinfachung. Aber damit lässt sich eben auch vieles einfacher erklären. Genau wie mit dem Spruch:
„Alkohol und Nikotin / rafft die halbe Menschheit hin. / Aber ohne Schnaps und Rauch / stirbt die andre Hälfte auch.“

Da lebt zum Beispiel einer als Nichtraucher und Abstinenzler, bemüht sich auch sonst in jeder Beziehung um ein langes Leben in körperlicher und seelischer Gesundheit, und er stirbt trotzdem plötzlich. Bei einem Flugzeugunglück. Oder an einem anderen Krebs. Was hat ihm dann seine Enthaltsamkeit genutzt? Und da gab und gibt es auf der anderen Seite viele Kettenraucher. Denken Sie zum Beispiel mal an den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt und seine Mentholzigaretten, die so manchen Fernsehmoderator und Weltverbesserer an den Rand der Verzweiflung getrieben haben. Da gab und gibt es also auf der anderen Seite viele Kettenraucher, die sich mit fast hundert Jahren immer noch ihres Lebens erfreuen. Natürlich, die Statistik gewährt den Rauchern zwar nur eine stark verkürzte Lebenserwartung, aber der einzelne Mensch ist ja keine Statistik. Welcher Raucher würde nicht hoffen, so alt zu werden wie Helmut Schmidt?

Alles verkürzt und vereinfacht und kleingekocht, ich gebe es zu. Aber genauso ist es doch auch im Großen, in dieser Welt. Und es ist eben nicht so, wie es die heutige Tageslosung vorgibt.
Diese Frage oder Diskrepanz hat schon die Menschen in den späteren Jahrhunderten des Alten Testaments beschäftigt, nicht zuletzt Salomo, der wegen seiner Weisheit gerühmt wurde. Und der, der ja an sich für alle Weisheit zwischen Himmel und Erde und auf Erden steht, der sagt dazu: Ich habe das hin- und hergewendet, aber eine Antwort auf diese Frage lässt sich nicht finden. Gott ist im Himmel und du auf Erden – mehr lässt sich dazu nicht sagen. Und wohl dem, der dabei dann auch bleiben kann: Gott ist im Himmel! Und der dann sein Gottvertrauen nicht wegwirft, sondern es festhält. Und sei es mit der Hoffnung auf eine letzte Gerechtigkeit. Oder auch nur mit dem Gedanken: Wer weiß, wofür es gut ist. Oder sein wird. Mehr lässt sich dazu nicht sagen, auch wenn wir gerne gerade hier mehr wissen wollten und uns schwer tun, uns damit zu bescheiden.

Und schließlich ist da noch der Satz Jesu: Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Das erinnert nicht nur daran, dass es uns ja manchmal auch unverdientermaßen gut geht, es verschafft mir auch eine Überleitung zum Sonnenuntergang von gestern Abend.

22. Mai 2020

Ist nicht Ephraim mein teurer Sohn und mein liebes Kind? Denn sooft ich ihm auch drohe, muss ich doch seiner gedenken; darum bricht mir mein Herz, dass ich mich seiner erbarmen muss, spricht der HERR.

Jeremia 31,20

Als der Sohn noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn, und er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn.

Lukas 15,20

Es ist so eine Sache,, wenn der ausgeloste Vers völlig aus dem Zusammenhang gerissen scheint.
Ephraim, einer der Stämme Israels, steht hier exemplarisch für das ganze Volk. Ein großer Teil der Israeliten ist im Jahre 587 v. Chr. nach Babylon deportiert worden. Die militärische Niederlage gegen die Babylonier, der Zusammenbruch des Landes und auch die Deportation wurden aber nicht nur als Schicksal angesehen, es war auch, so sahen es die Propheten und allen voran Jeremia, die Strafe Gottes, weil sich sein Volk von ihm entfernt hatte.
Und jetzt, im Zusammenhang der Tageslosung, geht es um Rückkehr und Aussöhnung Gottes mit seinem Volk.

Jetzt ist es gute protestantische Regel, auch bei sich selbst nach Schuld und Fehlern zu forschen, wenn etwas schiefgeht, aus dem Ruder läuft oder gar das Leben zusammenzubrechen droht. Aber, um in unserer Zeit zu bleiben, wenn Leute Corona als Strafe Gottes anzusehen, dann kann es das nicht sein. Leser dieses Blogs werden sich daran erinnern, was ich von diesen selbsternannten und oft sadistischen Rachegöttern halte.
Da bin ich ganz froh über den zweiten Vers aus dem Gleichnis vom verlorenen Sohn. Denn in diesem Gleichnis geht es eben darum, dass man zwar von Gott weglaufen kann, dass man aber auch zur Besinnung kommen und sich ändern kann. Und er wird einen mit geöffneten Armen aufnehmen. Oder auch, ich glaube Frau Käßmann hat das immer wieder betont: Man kann nie tiefer fallen als in Gottes Hand. Das gilt auch für unsere Zeit jetzt und ihre noch gar nicht absehbaren Folgen.

Bleibt mir nur noch eine kleine Parallele zur oben angesprochenen babylonischen Gefangenschaft und ihrer angekündigten Aufhebung: Gestern war ein Open-Air-Gottesdienst in Geseke, noch auf Abstand, aber ohne Masken, mit Bläsern und mit Gesang. Und das Geläut unserer Kirche war zu hören, zwar vom Band aber immerhin. Es war wie ein kleiner Vorgeschmack auf die „Befreiung“ von den jetzt auferlegten Zwängen. Man sieht dann manche Dinge ganz neu, darum auch die weiteren Bilder.