Ist nicht Ephraim mein teurer Sohn und mein liebes Kind? Denn sooft ich ihm auch drohe, muss ich doch seiner gedenken; darum bricht mir mein Herz, dass ich mich seiner erbarmen muss, spricht der HERR.
Jeremia 31,20
Als der Sohn noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn, und er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn.
Lukas 15,20
Es ist so eine Sache,, wenn der ausgeloste Vers völlig aus dem Zusammenhang gerissen scheint.
Ephraim, einer der Stämme Israels, steht hier exemplarisch für das ganze Volk. Ein großer Teil der Israeliten ist im Jahre 587 v. Chr. nach Babylon deportiert worden. Die militärische Niederlage gegen die Babylonier, der Zusammenbruch des Landes und auch die Deportation wurden aber nicht nur als Schicksal angesehen, es war auch, so sahen es die Propheten und allen voran Jeremia, die Strafe Gottes, weil sich sein Volk von ihm entfernt hatte.
Und jetzt, im Zusammenhang der Tageslosung, geht es um Rückkehr und Aussöhnung Gottes mit seinem Volk.
Jetzt ist es gute protestantische Regel, auch bei sich selbst nach Schuld und Fehlern zu forschen, wenn etwas schiefgeht, aus dem Ruder läuft oder gar das Leben zusammenzubrechen droht. Aber, um in unserer Zeit zu bleiben, wenn Leute Corona als Strafe Gottes anzusehen, dann kann es das nicht sein. Leser dieses Blogs werden sich daran erinnern, was ich von diesen selbsternannten und oft sadistischen Rachegöttern halte.
Da bin ich ganz froh über den zweiten Vers aus dem Gleichnis vom verlorenen Sohn. Denn in diesem Gleichnis geht es eben darum, dass man zwar von Gott weglaufen kann, dass man aber auch zur Besinnung kommen und sich ändern kann. Und er wird einen mit geöffneten Armen aufnehmen. Oder auch, ich glaube Frau Käßmann hat das immer wieder betont: Man kann nie tiefer fallen als in Gottes Hand. Das gilt auch für unsere Zeit jetzt und ihre noch gar nicht absehbaren Folgen.
Bleibt mir nur noch eine kleine Parallele zur oben angesprochenen babylonischen Gefangenschaft und ihrer angekündigten Aufhebung: Gestern war ein Open-Air-Gottesdienst in Geseke, noch auf Abstand, aber ohne Masken, mit Bläsern und mit Gesang. Und das Geläut unserer Kirche war zu hören, zwar vom Band aber immerhin. Es war wie ein kleiner Vorgeschmack auf die „Befreiung“ von den jetzt auferlegten Zwängen. Man sieht dann manche Dinge ganz neu, darum auch die weiteren Bilder.