14. April 2020

Tageslosung

Meine Gerechtigkeit ist nahe, mein Heil tritt hervor, und meine Arme werden die Völker richten.

Jesaja 51,5

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.

1. Petrus 1,3

„Gib dich zufrieden und sei stille“ ist der Titel eines Chorals aus unserem Gesangbuch (EG Nr. 371). Ich habe das damals im Kirchenchor immer ganz gern gesungen wie überhaupt viele Texte von Paul Gerhardt.
Heute fiele mir das schwer. „Gib dich zufrieden und sei stille.“ ? Denn was macht diese Zeit mit uns? Erzieht sie uns zur Genügsamkeit? Macht sie uns sozialer und freundlicher, oder macht sie uns auch pflegeleichter für alle möglichen Machtinteressen, von Politik bis Wirtschaft? Sollen wir am Ende im Duckmäusertum mit einem Hang zum Blockwart aufwachen? Und wird es Änderungen oder nur ein paar Brosamen geben, damit Ruhe bleibt?

Die Fragezeichen stehen da zu Recht. ich weiß das nämlich alles auch nicht. Ich weiß, dass ich all die Entscheidungen nicht treffen möchte, die zu treffen sind. Wie man es im Augenblick macht und regelt, es wird richtig und falsch zugleich sein. Es wird auf der einen Seite gut tun, auf der anderen schaden. Man denke dabei allein an die Frage, ob nun Gesundheit oder Wirtschaft an erster Stelle stehen müssen.

Aber trotzdem beschleicht mich mehr als nur leichtes Unbehagen, wenn wir uns zufrieden geben und stille sein sollen. Unbehagen, weil ich vermute, dass schon wieder zu viele anfangen, ihr Süppchen auf dem Herd dieser Krise samt ihren Zutaten zu kochen. Und das sind nicht nur die, die mit krimineller Energie bereits angefangen haben, über das Internet die Zuschüsse für notleidende Betriebe abzufischen. Aber ein Indikator sind sie für mich schon, auch unter der Frage, was aus Menschen werden kann, wenn sie Vorteil und Profit riechen.
Ich will versuchen, wachsam zu bleiben, denn eine lebendige Hoffnung ist für mich mehr als nur ein paar Lockerungen der derzeitigen Einschränkungen.

Ein Gedicht dazu vom Schweizer Pfarrer Kurt Marti, das mich schon fast 50 Jahre begleitet (1971 habe ich mir den Gedichtband gekauft).

das könnte manchen herren so passen
wenn mit den tode alles beglichen
die herrschaft der herren
die knechtschaft der knechte
bestätigt wäre für immer

das könnte manchen herren so passen
wenn sie in ewigkeit
herren blieben im teuren privatgrab
und ihre knechte
knechte in billigen reihengräbern

aber es kommt eine auferstehung
die anders ganz anders wird als wir dachten
es kommt eine auferstehung die ist
der aufstand gottes gegen die herren
und gegen den herrn aller herren: den tod

Es gibt übrigens eine Vertonung dieses Gedichts, die es zugleich auch interpretiert. Wer es sich anhören möchte, einfach am besten gleich bei YouTube oder auch in die Suchmaschine eingeben:
„Das könnte den Herren der Welt ja so passen“

13. April 2020

Tageslosung

Jakob zog seinen Weg. Und es begegneten ihm die Engel Gottes.

1. Mose 32,2

Der Engel sprach zu den Frauen: Geht eilends hin und sagt seinen Jüngern: Er ist auferstanden von den Toten. Und siehe, er geht vor euch hin nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen.

Matthäus 28,5.7

Die Erde ist schön, und es lebt sich leicht im Tal der Hoffnung.

Gebete werden erhört. Gott wohnt nah hinterm Zaun.

Die Zeitung weiß keine Zeile vom Turmbau. Das Messer findet den Mörder nicht. Er lacht mit Abel.

Nicht irr surrt die Fliege an tödlicher Scheibe. Alle Wege sind offen. Im Atlas fehlen die Grenzen.

Das Wort ist verstehbar. Wer ja sagt meint ja, und ich liebe bedeutet: jetzt und für ewig.

Der Zorn brennt langsam. Die Hand des Armen ist nie ohne Brot. Geschosse werden im Flug gestoppt.

Der Engel steht abends an Tor. Er hat gebräuchliche Namen und sagt wenn ich sterbe: Steh auf:

(Entwurf für ein Osterlied von Rudolf Otto Wiemer)

Wenn ich solche Gedanken in solcher Sprache vermittelt bekomme, dann erscheinen mir meine eigenen Beiträge doch ziemlich kleingekocht. Sind und bleiben sie auch heute. Warum auch nicht. Die kleinen Dinge zu Ostern sind auch nicht zu verachten.

Am Samstag ein Spaziergang am Rand des Sauerlandes auf einem Weg, den wir schon zigmal gegangen sind. Und auf einmal steht da eine Bank, roh zusammengehauen, dazu ein Tisch und noch ein paar Sitzgelegenheiten. Beim Näherkommen sieht man die Aufschriften.

Falls die Beschriftung nicht gut zu lesen ist:
Behandelst du es wie dein Eigentum,
darfst du gerne hier ruhn.
Kommen wir selbst dann mal vorbei,
es wäre schön, es wäre ein Plätzchen frei.

Gestern früh zur Gottesdienstzeit war auch das Paul-Gerhardt-Haus geöffnet. Ich hatte meine Posaune mitgenommen, denn ich wollte mich der Aktion anschließen, dass überall um 10.15 h „Christ ist erstanden“ gespielt werden solle.
Um 10.15 h waren wir zu fünft, ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie die 4 anderen darauf gekommen sind. Zufälle gibt es. Gut, dass das Wetter mitgemacht hat. Und trotz großem Abstand wäre sogar noch Platz für mehr Bläser gewesen. Hier der Beweis:

Abends dann noch das Bild von 2 Freunden aus Erwitte, die vor dem Haus Musik machen, sogar mit Verstärker für die Gitarre. Und bei uns in der Straße schon langsam Konzertcharakter. Wobei mir ein Satz besonders Spaß gemacht hat. „Das ist zwar nicht meine Art von Musik, aber ich finde das gut.“

Eine Email von einer alten befreundeten Mitarbeiterin, alt im Blick auf die Zeit, die seitdem vergangen ist. Denn alt ist die nicht, das zeigt der Anhang mit einem Gedicht von Kurt Marti: „Das könnte den Herren der Welt ja so passen.“

Und dann waren da noch die Freunde aus Erwitte, die extra losgefahren sind, um aus dem Auto heraus unserer Musik vor der Haustür um 18.00 h zu hören.
Und die beiden Presbyterinnen hier am Ort, die das in unserem Kirchraum so liebevoll und prima gemacht haben.
Und der Presbyter aus Erwitte, der jetzt die Online-Andachten richtig professionell ins Netz bringt, der mir aber jedes Jahr zu Ostern mit seinem Gruß einfällt: „Buenos Aires – Schöne Ostern.“
Und das wird es bei all diesen Dingen für mich.

Sicher immer noch kleingekocht, das Ganze. Aber in Zeiten, wo man endlich mal nicht dauernd was von oder über die AFD hört, da muss man die „Leerstellen“ doch schnell mit was anderem füllen.

12. April 2020

Tageslosung

Siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und dunkel die Völker, aber über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir.

Jes. 60, 2

Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben. Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging. Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß.

Markus 16, 1-4

„Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden.“

Mein erster Osterspaziergang heute morgen mit dem Hund. Man trifft die üblichen Verdächtigen, also die mit Hund, aber die Stimmung ist doch irgendwie gelöster. Wir wünschen uns „Frohe Ostern“. Natürlich, was sonst. Der gleiche Wunsch geht an den auch für diesen Anlass perfekt gekleideten joggenden Banker, und er gilt ebenso dem Bauern, der auch heute morgen aussieht wie ein Bauer, der die Nacht im Stall verbracht hat. Hat er ja vielleicht auch, ich denke, der hat Schafe.
Doch als dann Bänker und Bauer sich ebenso „Frohe Ostern“ wünschen und im Vorbeilaufen sogar noch die Zeit ist für ein paar freundliche Worte, da weiß ich es wieder, gerade auch von Ostern: Redet und überlasst euch nicht dem Schweigen und damit dem Tod.

Oft steht inzwischen unter Traueranzeigen die Bitte, nach der Bestattung still auseinanderzugehen. Schade. Erstens wird nirgendwo so gnadenlos gequatscht wie auf dem Friedhof, und zweitens … siehe oben.
Und so wünsche ich mir heute, wenn unser Paul-Gerhardt-Haus zum stillen Gebet geöffnet wird, eben nicht nur oben genannten Ostergruß und stille Gebete, sondern ganz viel Erzählen, Gespräch, Gelächter, gute Laune, die man auch hören kann. Wenn es sein muss bei gebotenem Abstand auf dem Kirchplatz. Der ist groß genug dafür.

2 Osterbilder: die Kapelle in Nordwald (liegt bei Hovestadt) und der Baum, der aus den Steinen herauswächst und sie wegsprengt.

Und noch ein paar Ostergedanken dazu:

Die Nacht wird nicht ewig dauern.
Es wird nicht finster bleiben.

Die Tage, von denen wir sagen,
sie gefallen uns nicht,
werden nicht die letzten Tage sein.

Wir schauen durch sie hindurch
vorwärts auf ein Licht,
zu dem wir jetzt schon gehören
und das uns nicht loslassen wird.

Das ist unser Bekenntnis. 

(Helmut Gollwitzer)

11. April 2020

Tageslosung

Ach, HERR, wenn unsre Sünden uns verklagen, so hilf doch um deines Namens willen!

Jeremia 14,7

Christus hat unsre Sünden selbst hinaufgetragen an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben.

1. Petrus 2,24

„Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!“
(Aus dem „Osterspaziergang“ von J. W. v. Goethe)

Das kann ich im Augenblick von mir nicht so richtig sagen, denn je länger die Beschränkungen bestehen bleiben, desto deutlicher merke ich sie. Und ich ertappe mich schon dabei, nach kleinen Listen oder Ausreden zu suchen, sie umgehen zu können.
Außerdem, und das stimmt mich auch nicht fröhlicher, lassen ja manche eine Art von Menschsein raushängen, die mir manchmal schon den Glauben an das Gute im Menschen und seinen rechten Gebrauch der Freiheit nimmt.
Insbesondere der Meinungsfreiheit. Ich weiß, das Thema hatten wir schon, aber es hat sich nicht erledigt. Für die Leserbriefseite der Zeitung kann ich dem ja noch etwas Gutes abgewinnen. Es hilft der Presse, Spalten und Seiten zu füllen und vor allem auch und hoffentlich zu überleben.
Bei allem, was uns da durchs Internet um die Ohren und ins Smartphone fliegt, bin ich da nicht so optimistisch oder positiv eingestellt. Was das arme Netz so alles tragen und ertragen und transportieren muss. Aber das Netz kann ja nichts dafür.
Und wenn ich mitbekomme, wie die Mächtigen z. B. in China oder der Türkei oder auch in Russland aus Angst vor der Macht aber auch der Wut der Unterdrückten das Netz ab und an einstellen oder einschränken, dann soll das Netz bleiben. Muss es. Nur manche Inhalte eben …

Sie merken, die Tageslosung und den Karsamstag und die Isolation und das, was das aus und mit Menschen macht, so richtig gebündelt bekomme ich das heute nicht. Wie also finde ich da einen Einstieg in dieses Osterwochenende, der mich etwas beschäftigt und meine kleinen grauen Zellen vor dem Eingelullt-Werden bewahrt, meinen Gedanken etwas Weite und der Kultur und damit auch der Tiefe etwas Raum gibt?

Meine Frau hat mal wieder wie so oft einen guten Gedanken gehabt: Den „Osterspiergang“ von Goethe auswendig lernen. Damit sie nicht allzu lange suchen müssen, oder falls sie ihren „Faust“ nach der Schulzeit leider Gottes dem Altpapier übergeben haben sollten:

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dort her sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur.
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen
Nach der Stadt zurück zu sehen!
Aus dem hohlen finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden:
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluß in Breit und Länge
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken überladen,
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!

Meine Frau hat es übrigens schon gemacht, sie har es auswendig gelernt. Bei mir dauert es noch. Und sie können sich ja im Kreis der Familie morgen gegenseitig abfragen. Nach Ostereiern suchen können alle, aber nach den richtigen Worten?

10. April 2020

Tageslosung

Wohl dem, der den HERRN fürchtet, der große Freude hat an seinen Geboten!

Psalm 112,1

Durch seine Wunden seid ihr heil geworden. Denn ihr wart wie irrende Schafe; aber ihr seid nun umgekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.

1. Petrus 2,24-25

Ausgerechnet am Karfreitag kann ich der Situation einen eher positiven Aspekt abgewinnen. Nicht nur, dass der sogenannte „Car-Freitag“, eine ziemliche sinnentleerte Raserei und Protzerei mit dem Auto und das nicht nur am Kamener Kreuz, heute entfällt. Hoffentlich. Da wird nicht nur die Polizei aufatmen.
Sondern auch die in den vorherigen Jahren regelmäßig angestoßene Diskussion entfällt, ob man den Karfreitag nun wirklich als stillen Feiertag achten und beibehalten müsse. Ich bin mir aber fast sicher, nach der Krise wird das wiederkommen, angestoßen von Leuten, die für sich alle Freiheiten haben und auskosten möchten, dies aber ohne Konsequenzen, auch ohne Empathie für andere Menschen und nicht zuletzt deren religiösen Gefühle. Dabei bin ich mir sicher, die würden mit am lautesten schreien, würde der Karfreitag ganz abgeschafft.
Aber seit solche Einstellungen sogar als „Partei“ ins Europaparlament gewählt wurden …

Wobei mich das auf einen weiteren Gedanken bringt, auch wenn ich selber da keine Verbindung zu den beiden Schächern neben dem Kreuz ziehen würde. Aber in solchen Zeiten wie jetzt da treten doch bestimmte Eigenschaften der Menschen besonders heraus. Und indem sie herauskommen, verstärken sie sich noch. Wer vorher ein netter oder lieber oder freundlicher oder umgänglicher Mensch war, der ist es oder wird es jetzt um so mehr. Und wer vorher eine menschliche Nullnummer oder Fehlbesetzung war, der oder die ist oder wird es jetzt um so mehr. Schauen sie sich mal um in Politik, im Supermarkt, beim Spaziergang oder auch in der Nachbarschaft.

Vor allem aber vergessen sie den Karfreitag nicht mit seiner Zusage oder Botschaft, siehe vor allem den zweiten Vers des Tages.
Und denken sie auch an die, für die heute auch und immer noch Karfreitag ist, darum das Gedicht nach dem Bild.

Vor meinem eignen Tod ist mir nicht bang. 

Nur vor dem Tode derer, die mir nah sind. 

Wie soll ich leben, wenn sie nicht mehr da sind? 

Allein im Nebel tast ich tot entlang 

Und lass mich willig in das Dunkel treiben. 

Das Gehen schmerzt nicht halb so wie das Bleiben. 

Der weiß es wohl, dem Gleiches widerfuhr, 

Und die es trugen mögen mir vergeben. 

Bedenkt: Den eignen Tod, den stirbt man nur, 

doch mit dem Tod der anderen muss man leben. 

(Mascha Kaleko)