8. Mai 2020

Tageslosung

HERR, lass mir deine Barmherzigkeit widerfahren, dass ich lebe.

Psalm 119,77

Die Schwiegermutter Simons aber lag darnieder und hatte das Fieber; und alsbald sagten sie Jesus von ihr. Und er trat zu ihr, ergriff sie bei der Hand und richtete sie auf; und das Fieber verließ sie.

Markus 1,30-31

Wenn es doch nur so einfach wäre! Das ist mein erster Gedanke zu den Bibelversen auf dem Hintergrund der fast verzweifelten Suche nach Medikamenten und Impfstoff gegen das Coronavirus. Schön wäre es, ein Gebet, eine Bitte, und die Hilfe kommt von oben, wie wir sagen, und der ganze Spuk ist vorbei. Es kann weitergehen.
Genau der letzte Satz lässt mich da nachdenken. Ja, ich halte den Glauben und Gottvertrauen für mehr als wichtig. Woher soll ich sonst Lebenssicherheit und Zuversicht bekommen, vor allem wenn das Leben bröckelt? Zugleich erinnert mich dieser Satz aber auch daran, dass wir den lieben Gott nicht für alles verantwortlich machen können – und ihn dann womöglich als letzten Notnagel heranziehen. Oder soll ich doch sagen missbrauchen?
Er hat uns die Freiheit gegeben und die Selbstbestimmung zugetraut. Er hat uns sogar die Freiheit gegeben, so zu leben, als ob es ihn überhaupt nicht gäbe. Was im Umkehrschluss heißt, dass wir in vielen wenn nicht in allen Dingen für den Zustand der Welt und des Lebens und damit auch für den „gesundheitlichen Zustand“ der Welt und der Menschen verantwortlich sind. Und der müssen wir uns auch stellen, in der Hoffnung aber, dass er uns dabei nicht fallen lässt. Was er auch nicht vorhat, so verstehe ich die heutigen Verse.

Und ich erinnere mich dabei an eine Geschichte von Johann Friedrich Hebel: Die Zwei Lastkutscher.
„Zwei Lastkutscher kamen mit vollgeladenen Eselkarren einher. Die Wege waren verschlammt, und die beiden Karren fuhren sich fest. Einer der beiden Kutscher war fromm. Er fiel dort in den Schlamm auf die Knie und begann Gott darum zu bitten, er möge ihm helfen. Er betete, betete ohne Unterlass und schaute zum Himmel.
Währenddessen fluchte der andere wütend, arbeitete aber. Er suchte sich Zweige, Blätter und Erde zusammen. Er schlug auf den Esel ein. Er schob am Karren. Er schimpfte, was das Zeug hielt.
Und da geschah das Wunder: Aus der Höhe stieg ein Engel nieder. Zur Überraschung der beiden Kutscher kommt er jedoch demjenigen zur Hilfe, der geflucht hat.
Der arme Mann wird ganz verwirrt und ruft: Entschuldige, das muss ein Irrtum sein. Sicher gilt die Hilfe dem anderen. Aber der Engel sagte: Nein, sie gilt dir. Gott hilft dem, der arbeitet.“

Diese Geschichte braucht aber meines Erachtens eine Ergänzung: Ora et Labora. Bete und arbeite! Beides. Und die Benediktiner, deren Wahlspruch das war, das waren kluge Leute.

Stichwort Kluge Leute. Da sehen wir seit mehreren Wochen auf einem unser Spazierwege mit dem Hund mitten in einer Wiese eine Konstruktion, die aussieht wie ein Storchennest. Das Ganze – gleich in doppelter Ausführung aber mit gebotenem Abstand, wie es diese Zeit erfordert – aber doch ausgerechnet dort, wo die geplante Umgehungsstraße die Orte trennen und das letzte Stück heiler Landschaft hier zerschneiden soll. Wir fragen uns: „Ist da jemand ein unverbesserlicher Optimist, oder soll das was ganz anderes sein?“
Seit ein paar Tagen wissen wir die Antwort. Eines der Nester ist belegt, dort nistet ein Storchenpaar. Wir freuen uns, für die Störche und, im Blick auf die Umgehung, hoffentlich auch für uns und die Landschaft.