1. Mai 2020

Ist denn die Hand des HERRN zu kurz?

4. Mose 11,23

Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: Sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen. Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden?

Matthäus 6,28-29.31

„Ein kluger Mann prägt ein kluges Wort, und die blöde Masse plappert es nach.“
„Ach, und wer ist der kluge Mann, von dem Sie das haben?“

Von mir ist das natürlich auch nachgeplappert, und ich weiß auch nicht mehr, von wem ich das mal gehört habe. Aber es fiel mir wieder ein, als ich heute Morgen beim Gang mit dem Hund am Bildstock mit Josef und Jesus stehenblieb.
Fällt Ihnen da was auf?

Es war der kleine Stein mit dem Regenbogen drauf, über den ich „gestolpert“ bin. Wohin man guckt im Augenblick, welche Lokalzeitung man aufschlägt, bunt bemalte Steine irgendwo aufgereiht. Das Ganze wohl als irgendein Zeichen in der Krise? Oder als Beschäftigungstherapie? Oder doch nur Ablenkung von Fragen, die man nicht stellen soll?
Der Brauch, Steine aufzuschichten, stammt meines Wissens aus der Wüste, in Israel im Negev habe ich das kennengelernt. Da waren es einerseits Wegzeichen, in der Wüste mehr als sinnvoll, andererseits aber auch Steine, die an Menschen erinnern sollten: „So lange man eines Menschen gedenkt, ist er nicht aus dieser Welt verschwunden.“
Aber egal, wo man heute in Europa hinkommt, im Wald, am Strand, am Fluss, am Feld, man sieht aufgeschichtete Steine. Fast schon inflationär finde ich das. Und jedes Mal fällt mir dann der oben zitierte Dialog ein.

Vielleicht muss man wirklich einen Artenschutz für Bräuche einführen. Beispiele weiß ich genug.
Früher kannte man den Maibaum in unserer Gegend nicht. Jedes Dorf, das was auf sich hält, hat heute einen.
An jeder zweiten Brücke hängen Schlösser, so genannte Liebesschlösser. Dieser Brauch kommt wohl aus Italien. Aber ich glaube nicht, dass so ein Schloss die Liebe wirklich zusammenhält. Ganz abgesehen von der Schwierigkeit, so ein Ding wieder abzukriegen.
Und dann gibt es noch den Mistelzweig zu Weihnachten, „Süsses oder Saures“ samt Gruselparties zu Halloween, den „Black Friday“ im November, den Valentinstag vor allem für die Blumenhändler, und jetzt kann man auch noch die Gurke kaufen, die an jedem Weihnachtsbaum hängen soll. Wobei beim Wuchs mancher Tannen das je schon fast eine Gurke an der Gurke ist.
Ihnen fallen sicher noch mehr Beispiele ein.

Ein kluger Mann …. , siehe oben. Mein Vater pflegte so etwas noch viel drastischer auszudrücken. „Du, da hat einer ein Stück Sch… am Stock, das will ich auch haben.“ Aber vielleicht führt das zu weit, genau wie der Spruch aus den 70ern: Leute, fresst Abfall. Millionen Fliegen können nicht irren.“

Es muss etwas mit der Sorge und dem ängstlichen Kleinmut der Menschen zu tun haben, irgendwie zu kurz zu kommen, irgendwas zu verpassen, irgendwo hintendran zu bleiben. Meine Antwort darauf ist die Tageslosung. Und dazu ein paar Bilder vom 1 Mai von heute Morgen, die das unterstreichen.
Dabei blutet mir ein bisschen das Herz, denn in normalen Zeiten wären wir heute gut 15 Leute gewesen, die nach einer ausgedehnten Wanderung sich beim Angrillen in unserem Garten getroffen hätten. Bei Maibock natürlich, den ich das erste Mal seit etwa 40 Jahren in diesem Jahr nicht gekauft habe. Aber da gibt es Schlimmeres. Die Leute fehlen mir.