23. Mai 2020

Tageslosung

Mose sprach: Siehe, ich lege euch heute vor den Segen und den Fluch: den Segen, wenn ihr gehorcht den Geboten des HERRN, eures Gottes, die ich euch heute gebiete; den Fluch aber, wenn ihr nicht gehorchen werdet den Geboten des HERRN, eures Gottes.

5. Mose 11,26-28

Dient dem Herrn Christus! Denn wer unrecht tut, der wird empfangen, was er unrecht getan hat; und es gilt kein Ansehen der Person.

Kolosser 3,24-25

Nach langen Jahren unterwegs in der Wüste ist Israel endlich im gelobten Land angekommen. Mose nimmt das zum Anlass, noch einmal an das zu erinnern, was Gott auf diesem Weg alles für sein Volk getan hat. Und er verlangt von ihnen zum Abschluss eine Entscheidung. Es ist fast so eine Art Vertrag zwischen Gott und den Israeliten: Wenn ihr Gottes Geboten gehorcht, dann wird er Euch segnen, wenn nicht, dann werdet Ihr verflucht.
Entsprechend dazu der zweite Vers: Unrecht wird bestraft werden.

So müsste es sein, denke ich beim ersten Lesen. Das „Müsste“ weist schon auf meine Zweifel hin. Denn heute klingt das für meine Ohren naiv, es klingt nach heiler Welt wie im Märchen, wo alles seinen gerechten Schluss findet. Es klingt blauäugig.
Natürlich wünschen wir uns das so im Leben. Wer Gutes tut, dem soll es im Leben gelingen, es soll ihm gut gehen. Und wer Böses tut, für den soll es übel ausgehen. Aber unsere tagtägliche Erfahrung zeigt uns oft genug etwas anderes:
Die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln.

An dieser Stelle entschuldige ich mich natürlich für meinen Hang zur Vereinfachung. Aber damit lässt sich eben auch vieles einfacher erklären. Genau wie mit dem Spruch:
„Alkohol und Nikotin / rafft die halbe Menschheit hin. / Aber ohne Schnaps und Rauch / stirbt die andre Hälfte auch.“

Da lebt zum Beispiel einer als Nichtraucher und Abstinenzler, bemüht sich auch sonst in jeder Beziehung um ein langes Leben in körperlicher und seelischer Gesundheit, und er stirbt trotzdem plötzlich. Bei einem Flugzeugunglück. Oder an einem anderen Krebs. Was hat ihm dann seine Enthaltsamkeit genutzt? Und da gab und gibt es auf der anderen Seite viele Kettenraucher. Denken Sie zum Beispiel mal an den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt und seine Mentholzigaretten, die so manchen Fernsehmoderator und Weltverbesserer an den Rand der Verzweiflung getrieben haben. Da gab und gibt es also auf der anderen Seite viele Kettenraucher, die sich mit fast hundert Jahren immer noch ihres Lebens erfreuen. Natürlich, die Statistik gewährt den Rauchern zwar nur eine stark verkürzte Lebenserwartung, aber der einzelne Mensch ist ja keine Statistik. Welcher Raucher würde nicht hoffen, so alt zu werden wie Helmut Schmidt?

Alles verkürzt und vereinfacht und kleingekocht, ich gebe es zu. Aber genauso ist es doch auch im Großen, in dieser Welt. Und es ist eben nicht so, wie es die heutige Tageslosung vorgibt.
Diese Frage oder Diskrepanz hat schon die Menschen in den späteren Jahrhunderten des Alten Testaments beschäftigt, nicht zuletzt Salomo, der wegen seiner Weisheit gerühmt wurde. Und der, der ja an sich für alle Weisheit zwischen Himmel und Erde und auf Erden steht, der sagt dazu: Ich habe das hin- und hergewendet, aber eine Antwort auf diese Frage lässt sich nicht finden. Gott ist im Himmel und du auf Erden – mehr lässt sich dazu nicht sagen. Und wohl dem, der dabei dann auch bleiben kann: Gott ist im Himmel! Und der dann sein Gottvertrauen nicht wegwirft, sondern es festhält. Und sei es mit der Hoffnung auf eine letzte Gerechtigkeit. Oder auch nur mit dem Gedanken: Wer weiß, wofür es gut ist. Oder sein wird. Mehr lässt sich dazu nicht sagen, auch wenn wir gerne gerade hier mehr wissen wollten und uns schwer tun, uns damit zu bescheiden.

Und schließlich ist da noch der Satz Jesu: Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Das erinnert nicht nur daran, dass es uns ja manchmal auch unverdientermaßen gut geht, es verschafft mir auch eine Überleitung zum Sonnenuntergang von gestern Abend.